Would you like to sit on my shoulder?

"Well, show me nothing" (ELVIS)



"There is only one thing a writer can write about, what is in front of his senses at the moment of writing... I am a recording instrument... I do not presume to impose "story", "plot", "continuity"... In so far as I succeed in direct recording of certain areas of psychic processes I may have limited function... I am not an entertainer." (William S. Burroughs)

Wissen tut Wirkung. Wo es herkommt, wie man an es herankommt, und wie man es untersuchen und analysieren kann; dafür die Verfahren, Techniken zeigen, damit neues Wissen produzieren lassen... davon handelt das Sprechen über Kunst.

Ich glaube nicht, daß Kunst lehrbar ist. Habe es vorher nicht geglaubt und es dennoch versucht, um es auch jetzt - nachdem ich an diversen Orten dieser Tätigkeit nachgegangen bin - nicht zu glauben. Auch wenn man, sobald man darin sich befindet, feststellt, daß man schon gern an etwas glauben täte und seien es nur Prinzipien, ein paar Techniken wenigstens. Denn woran festgehalten wird, ist das woran man selbst 'sowieso' (unreflektiert) glaubt.

Doch wichtiger als alles ist, daß man immer wieder an nichts glaubt.

Schon die Handlung, der Akt sich irgendwo hinzustellen und etwas zu sagen ist eine Behauptung. Daher ist auch das Terrain von Kunstpädagogik, Therapie eines der sumpfigsten Gefilde überhaupt. Voller Privilegien, voller Kollapse und Getue. Gleichzeitig ist Lehren in Kunst-Gebieten so unübersichtlich, so porös, daß es eigentlich immer die Möglichkeiten gibt etwas anderes zu tun, zumindest theoretisch dies getan werden kann.

Alleine der Gedanke, daß man nichts anderes tut als Gelerntes an anderen Personen anzuwenden, ist schauerlich.

Wohl aber tut die Wirkung. Denn sie ist immer garantiert. Jeder Akt, jede Vorführung, jeder Auftritt ist ein solches Antun. Manchmal kann man sich einbilden, man würde anderen "Wissen antun" und dies wäre gut.

Dieser Effekt hält jedoch nur einen Moment lang an, denn was in dem einen Moment Wissen sein könnte, zeigt sich beim nächsten als Gegenteil. Kommunikationslosigkeit ist die Folge. Langeweile, Zermürbtheit, Ritualisierung, Alltagsteaching, Lehrer, die "Marotten", kleine Schaustücke entwickeln etc.

Man kann nun davon berichten.

Denn, obwohl ich gelernt habe, methodisch-didaktisch korrekt zu lehren, hat meine selbstverschuldete Mobilität und das Konfrontiertsein mit den unterschiedlichsten Bedingungen von Lernen zur Folge, daß man die eigenen Lieblingsmethoden, Verhaltensmuster wiederum sehr verschiedenen Beurteilungen aussetzt und gegebenenfalls revidiert oder erweitert. Will man nicht in den Bereich gehen, wo Politik und Pädagogik zusammentreffen (also Joseph Beuys sein oder so... was aus mannigfaltigen Gründen nicht alles besprochen werden kann) bleibt's im Individuell-Strategischen hängen, das sehr wohl von der Institution wie auch den an sie geknüpften Erwartungen, und damit auch den Teilnehmern am Unterricht, bestimmt wird.

Das heißt: man läßt sich theoretisch auf die Analyse der Institution ein, ändert aber praktisch nichts daran, obwohl man in der "Praxis" sich befindet. Außer man findet Versuchsanordnungen und Verfahren, die diese unzulängliche, fast wirkungslose Praxis so umformen, daß man noch /wieder etwas damit anfangen kann.

Dann etwas in Bedeutung bannen, sei es die Zeit, ein Gedanke, eine Aussage, ein Verhältnis.

Dann, denke ich, kann man eigentlich nicht davon berichten. Denn ich lehne die Lehrperformance ab. Es gibt nichts zu vermitteln. Wichtig ist vielleicht etwas anderes: Daß Dinge geschehen, die, je aufmerksamer man sie beobachtet und analysiert noch mehr geschehen machen, die Unvorhersehbarkeiten auslösen, das, was man einen "Kanon" nennen könnte, immer wieder sabotieren oder erweitern.

Ich kann sagen, wo ich gewesen bin, ich kann Vergleiche anstellen zwischen Hdk Hamburg, NYU und SVA in New York, zwischen dem Arts Center in Pasadena und der Kunstabteilung in Yale. Zwischen Stuttgart und Kopenhagen. Zwischen all den Gelegenheiten Kunst zu unterrichten, die sich bisher geboten haben, und den unterschiedlichen Bedingungen und Personen, denen man begegnet. Bisher waren das alles "Gigs", Engagements auf Zeit, Teilzeitarbeiten. Wodurch Inhalte einer "critical pedagogy" gleichzeitig ermöglicht - man ist eine Ausnahme - aber auch zunichte gemacht werden - es gibt keine Kontinuität, keine Gelegenheit, etwas festzusetzen, alle vergleichenden Spekulationen sind eigentlich müßig, denn sie schreiben etwas fest, das es so fest nicht gibt, und dann auch wieder nur ein Selbstbefeiern wäre. Da aber die Grundlage meiner Unterrichtstätigkeit eine künstlerische Praxis ist, die den Versuch darstellt, Mobilität und Kontinuität mit/ um oder im Verhältnis zu Malerei herzustellen, bleibt auch der Unterricht mobil und vom jeweiligen Stand eines Projekts abhängig, das sich von seiner Natur her gegen gesichertes Wissen sperrt. Wer soll da vergleichen? Höchstens die Institutionen ihre Gäste.

Das, was noch abfällt, ist eine sich verausgabende Flexibilität, keine rein pragmatische.

Eigentlich lehne ich es ab zu sagen "die Studenten". Denn die, die zum Kunststudium kommen denen fehlt meist das "Studentische". Es ist eine absurd große, unüberschaubare Palette von Motiven, die Personen haben, die sich zu einem Kunststudium anmelden. Dazu kommt, daß zumindest in den USA, die Vielfalt der kulturellen Wurzeln sehr groß ist. Doppel- und Dreifach- Differenzierungen können und müssen angenommen werden, andererseits doch immer wieder gemeinsame Nenner konstruiert werden, damit die Gruppe als Gruppe arbeiten kann und nicht alles in einen lndividualunterricht zerfällt. Meistens bilden sich Sub-Interessensgemeinschaften heraus. Derjenige, der sich zum Kunststudium entschließt, ist auch derjenige, der sich mit diesen Motiven zu beschäftigen hat.

So geht es oft um das Befragen: Interviewtechniken, Selbstbeobachtung, Fragebögen, Testen der Aufmerksamkeitsspanne, Verfassen von Statements, Untersuchung des Spielraums, Einüben von Flexibilität, Information-Inputs erschließen, Wahrnehmer- und Verstärker-Übungen. Das Akkumulieren von Eindrücken, das Redigieren, die Schnittechniken, das Formulieren, Verhandeln, Analysieren, Sabotieren. Um zu verstehen, wie und was man eigentlich lebt und wie man sich zum Rest der Welt verhält. Es ist wichtig, daß dabei auch die Verhältnisse zu Stars und Idolen (die ja auch nicht immer die gleichen sind), zu Autorität, zu Gewalt und zu Bildern geklärt werden.

Und daß das, was wir leben, der Überschuß von etwas ist, über das, was die anderen schon davon erzählt und gezeigt haben. Wie sich dazu verhalten, mehr produzieren. Wozu? Was tun? Oder nichts produzieren? Was und wie statt dessen vorgehen?

"Well, show me nothing", sagte Elvis zu einem Fan, die mit ihm essen gehen wollte und auf seine Bitte, ihr die Stadt zu zeigen, die Antwort bekam, die Stadt sei doch "nichts". Dann finden, daß das vermeintliche "Nichts" vollgestopft ist. Und meistens sind es die interessantesten Selbstversuchsanordnungen, die dann freigeschürft werden, oder einfach vorbeiziehen, je nachdem, immer aber neue Diskussionspunkte liefern.

Daß von dieser Überfülltheit und den Methoden, die von außen inzwischen als "new processual" Lehren identifiziert werden, auch die eigene Lebensweise berührt werden, bleibt nicht aus. Auch nicht, daß es nicht einfach ist, solches Vorgehen zu benoten.

Die Bilanz (wie Burroughs "My Education") schreibt man am Ende seines Lebens, die eigenen Arbeiten führt man am Ende eines Semesters vor.


[ societyofcontrol | akademie | forschen | kommentieren | close window]